Vor 176 Jahren begann die Tradition der Schützenbälle

Olpe  Wilhelm Rücker feierte einen der Höhepunkte seiner Schützen-Regentschaft / Musikverein Gerlingen begeisterte / Rückschau auf langwierigen Schießwettkampf

„ALS ICH AN EINEM SOMMERTAG“ – DAS OLPER SCHÜTZENKÖNIGSPAAR, WILHELM UND SIMONE RÜCKER UND IHRE GÄSTE GABEN IHRER FREUDE BEIM SCHÜTZENBALL AUSGELASSEN AUSDRUCK. SPÄTER FÜHRTE DAS EHEPAAR RÜCKER GEMEINSAM MIT MAJOR PETER LIESE UND DESSEN EHEFRAU MARION DIE POLONAISE DURCH DIE STADTHALLE AN. FOTOS: MARI

Der Vorlauf für den ersten Schützenball betrug seinerzeit gerade einmal drei Tage.

BLUMENMÄDCHEN PAULA IMMEKUS ÜBERREICHTE GEMEINSAM MIT MAJOR PETER LIESE (R.) UND MUSIKOFFIZIER PETER ZEPPENFELD (2. V. L.) EINEN BLUMENSTRAUSS AN DEN VORSITZENDEN DES MUSIKVEREINS GERLINGEN, RAINER DORNSEIFER (L.), UND DIRIGENT MARC SIEWER (2. V. R.)

Mari ■  „Das schönste Amt neben dem Papst ist es, Schützenkönig von Olpe zu sein.“ Wilhelm Rücker, Schützenkönig des St.-Sebastianus-Schützenvereins Olpe, wandelte am Samstag beim Schützenball die im Jahr 2008 von Franz Müntefering getroffene Aussage „Das schönste Amt auf Erden neben dem Papst ist der SPD-Parteivorsitz“ kurzerhand um. Seit seinem Treffer beim Vogelschießen am 22. Juli 2019 obliegt dem Sparkassenvorstand das besagte „schönste Amt“. „Es ist jeden Tag aufs Neue eine große Freude, in diesem Verein Königspaar zu sein“, sagte er den Gästen im Namen seiner Ehefrau und Königin Simone. Gerne nahmen die Gäste beim Schützenball an der gelebten Freude und Begeisterung des Königspaares teil, das sie beim Einzug in die „gute Stube“ der Stadt Olpe frenetisch begrüßten.

Der Schützenball war wieder einmal das gesellschaftliche Ereignis schlechthin, mit einem strahlenden Königspaar, mit dem Musikverein Gerlingen, der mit einem exzellenten Konzertprogramm erfreute, mit den Reden von Schützenmajor Peter Liese und Schützenkönig Wilhelm Rücker und mit gut aufgelegten und festlich gekleideten Gästen.

Interessant war der Rückblick des Königs ins Jahr 1844, der die Tradition des Schützenballs begründete. Seinerzeit wurde auf einer Vorstandssitzung die Frage diskutiert, wie der Kredit für den auf dem Schützenplatz neu errichteten Bierkeller schnellstmöglich zurückgezahlt werden kann. Der einstimmige Beschluss habe die Ausrichtung eines Schützenballs ergeben, und dieser sei nur drei Tage später am 18. Februar 1844 gefeiert worden. Der große Erfolg habe den Schützenvorstand dann veranlasst, künftig zum Beginn eines jeden Jahres dieses Tanzvergnügen auszurichten. Somit sei vor 176 Jahren eine große Tradition begründet worden. „Der Verein zeichnete sich schon damals mit dem Bau des Bierkellers, der hohen Umsetzungsgeschwindigkeit mit drei Tagen für einen Schützenball, durch Wirtschaftlichkeit bezüglich der vorzeitigen Kreditrückzahlung und das Verbinden von Angenehmen mit dem Nützlichkeit, die Geselligkeit zur Sanierung der Vereinsfinanzen, aus“, so Rücker.

Er ließ die Gäste teilhaben an den Gefühlen und Gedanken, die ihm am 22. Juli 2019 begleiteten. „Erstaunlich, beim Schießen war meine Hand ruhig und am Rotweintisch unruhig. Ich habe mehr Rotwein verschüttet als getrunken.“ Bezüglich der 194 Schüsse, die er und seine Mitstreiter benötigt hätten, den Vogel zu „erlegen“, habe er die Schlagzeile „Vogel in diesem Jahr nicht geschossen, sondern an Bleivergiftung gestorben“ befürchtet. Was er dagegen bezaubernd fand: „Noch nie zuvor im Leben bin ich in so kurzer Zeit von so vielen hübschen und gutgelaunten Frauen geküsst worden.“

In der Sparkasse sei er nach dem Fest mit dem „Regimentsgruß“ in seinem mit Wimpelketten und der Fotocollage vom Vogelschießen geschmückten Büro begrüßt worden. Eine 90-jährige ehemalige Sparkassenmitarbeiterin habe resümiert: „Es ist erstaunlich, wie sich die Zeiten geändert haben, dass jetzt schon so ein Fremdkörper in Olpe den Vogel schießen darf.“

Nein, in Olpe geboren und aufgewachsen ist Rücker nicht, aber durch seine herzliche und gelassene Art inzwischen voll integriert und sehr beliebt. Was aber viel wichtiger ist als der Geburtsort ist die Liebe zum Schützenwesen, die er bereits in seinem Heimatschutzverein Herbram bewies. Dort war im Jahr 2001 Schützenkönig. Den Herbramer Schützenhut setzte er sich während der Rede stolz auf. Rücker sprach allen Dank aus für die Unterstützung, besonders seiner Ehefrau Simone und den Königsoffizieren Timo Stricker und Thomas Hengstebeck. Der Olper Bevölkerung dankte er für die Welle der Sympathie und Freude, die man sei Juli gemeinsam erlebe.

Für Bürgermeister Peter Weber hatte er noch einen Tipp parat: „Olpe sucht am 3. Juliwochenende einen Nach-Rücker.“

Schützenmajor Peter Liese hob in seiner Rede die ruhige und gelassene Art des Schützenkönigs hervor, die sich schon früh gezeigt habe. Obwohl die Tanknadel in seinem roten „Passat“ nur noch den letzten Tropfen angezeigt habe, sei er ganz entspannt immer weitergefahren. Dagegen sei seine Königin Simone immer rasant unterwegs gewesen, was dazu geführt habe, dass sie sie mal beim Parken eine Brüstung übersehen habe und die Räder ihres kleinen Audi 50 in der Luft hingen.

Neben dem Königspaar begrüßte der Major das vor 25 Jahren regierende Jubelkönigspaar, Theo und Monika Süttmann. Großen Applaus gab es für die kürzlich aus dem Vorstand verabschiedeten Oberleutnante Peter Kliche, Frank Clemens und Christoph Schneider sowie Leutnant Andre Häner, die insgesamt 87 Jahre treue Dienste im Schützenvorstand geleistet haben.

Mit herzlichem Applaus wurden auch die neuen Oberleutnante, Simon Niklas, Christian Wacker und Christian Thöne, sowie die neuen Offiziere, Oliver Hufnagel, Daniel Groß, Eduard Köster und Thomas Rademacher, begrüßt.

Die Rede des Majors schloss traditionell mit der Nationalhymne, imposant dargeboten vom Musikverein Gerlingen unter Leitung von Marc Siewer. Das 42-köpfige Orchester überraschte mit einem grandiosen Konzertprogramm, das Vorsitzender Rainer Dornseifer charmant moderierte. Auf dem Programm standen der bekannte Marsch „Waidmannsheil“ von August Reckling, die rhythmische „Ouverture to Candide“ von Leonard Bernstein und die mit lateinamerikanischen Elementen geprägte kraftvolle Fantasie „El Camino Real“ von Alfred Reed. Der „Bayerische Defiliermarsch“ von Adolf Scherzer, „The Imperial March“ von John Williams, der Soundtrack „Someone like you“ aus dem Musical „Jekyll & Hyde“ und die von Alexander Reuber arrangierte Trailermusik „Two Steps from Hell“ bildeten weitere Höhepunkte. Als das Orchester nach der Rede des Schützenkönigs den „Olper Schützenmarsch“ präsentierte, war die Stimmung kaum zu halten. Alle Gäste sangen ausgelassen „Als ich an einem Sommertag“ und das Königspaar tanzte vor dem mit Kerzenleuchtern geschmückten Königstisch. Als die Musikerinnen und Musiker dann noch das Lied der 2. Korporalschaft spielte, wurden sie von einem Großchor gesanglich begleitet. Beste Stimmung kam auch beim Finalwerk „Das Beste von Udo Jürgens“ auf und die Gäste forderten nach diesem herausragenden Programm lautstark Zugaben. Und was passte da besser als das schottische Volkslied „Loch Lomond“ oder besser gesagt der Fanhymne des 1. FC Köln, und „Tochter Zion“. Nachdem sich Schützenmajor Liese, Musikoffizier Peter Zeppenfeld und Blumenmädchen Paula Immekus mit einem Blumenstrauß für die musikalischen Darbietungen bedankt hatten, startete um 23.30 die glanzvolle Königspolonaise, angeführt vom strahlenden Königspaar Wilhelm und Simone Rücker sowie Majorspaar Peter und Marion Liese. Mit dabei der Drolshagener Bürgermeister, Uli Berghof, mit Ehefrau Elke und in Uniform des Musikvereins Gerlingen der Wendener Bürgermeister, Bernd Clemens, der im Schlagzeugregister spielt, mit Ehefrau Monika. Die beiden Bürgermeister und auch ihr Olper Amtskollege Peter Weber, der mit Ehefrau Steffi das Tanzvergnügen von außen verfolgte, sind Mitglieder des Verwaltungsrats der Sparkasse Olpe-Drolshagen-Wenden, der Schützenkönig Wilhelm Rücker und sein Vorstandskollege Dieter Kohlmeier vorstehen. Nach dem Walzer übernahm die Tanzband „4-You“ die Bühne und setzte mit flotten Rhythmen die Stimmung bis in die frühen Morgenstunden fort.

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