Siegener Zeitung vom 20.03.2018: Ein Feuerwerk an Melodien

Musikverein Gerlingen bescherte Auditorium besonderen Konzertabend / Langer Applaus belohnte für Darbietungen

UWE WERTHEBACH SPIELTE AUF SEINER MUNDHARMONIKA DIE WINNETOU-MELODIE.

Baka ■  Wenn ein Konzert aus lauter musikalischen Höhepunkten besteht, haben die Musiker des Musikvereines Gerlingen zu ihrem Jahreskonzert eingeladen. Unter Leitung von Dirigent Marc Siewer gab es für die zahlreichen Besucher am Samstagabend in der Aula des Konrad-Adenauer-Schulzentrums wieder einmal ein echtes Feuerwerk an Melodien, die von Klassik bis zur Moderne reichten.
Vorsitzender Rainer Dornseifer erwies sich zur Freude des Auditoriums einmal mehr als ein Moderator, der viel Wissen und Interessantes über Titel und Komponist in äußerst humorvoller Weise an das Publikum weitergab. Unter den Musikern auch der „Hausherr“ der Aula, Bürgermeister Bernd Clemens. Er hatte es sich nicht nehmen lassen, seinen Musikverein am Schlagzeug zu unterstützen.
Gleich zu Beginn dann ein Statement, in welcher Art und Weise der Musikverein mit dem Dauerthema „Brexit“ verfährt. „Der ,Brexit’ trennt, jetzt kommt die Stunde der Musik, die die Menschen verbindet“, so Rainer Dornseifer. „Pomp and Circumstance“ op. 39 von Komponist Edward Elgar ist ein feierlicher Marsch, „very british“, und man verbindet diese Musik mit den „Royals“ und prächtigen Garden. Es folgte einen Abstecher nach Amerika, wo vor 100 Jahren – am 25. August 1918 – der einzigartige und weltbekannte Komponist Leonhard Bernstein geboren wurde. Ihm widmete der Musikverein gleich zwei Stücke. Die Ouvertüre der Operette „Candide“, die auf einer beißenden, skurrilen Satire des französischen Philosophen Voltaire beruht, erwies sich als eine spritzige, schnell wechselnde Melodienfolge, die ständig ihren Rhythmus änderte: Eine Herausforderung nicht nur für die Musiker, sondern auch für die gebannt lauschenden Zuhörer, denn die Literatur hatte ein atemberaubendes Tempo und verlangte dem Orchester Können und Konzentration ab, was mit langem Applaus belohnt wurde.
Mit der tragischen Liebesgeschichte von Maria und Tony, aus dem wunderbaren Musical „West Side Story“ hat Bernstein ein unsterbliches Werk geschaffen, und bei dem Titel „Somewhere“ spürte man Regen, Tränen, Trauer und Verzweiflung, als der angeschossene Tony in Marias Armen stirbt unglaublich nah.
Léo Delibes war Mitte des 18. Jahrhunderts ein begabter Komponist, der zwar nicht große Popularität erreichte, aber sogar Tschaikowski entscheidend beeinflusste. Mit „Les Chasseresses“ aus dem Ballett „Sylvia“, das von weiblichen Jägerinnen handelt, schuf Delibes eine Paraderolle für Hörner, die laut tönend zur Jagd riefen. Nach einem dramatischen Beginn gab es ein überzeugendes Zusammenspiel aller Register mit einem tollen Hornsatz.
Dann ging es vor der Pause zurück nach Großbritannien. Der Komponist Nigel Hess beschreibt in seinem Werk „New London Pictures“ die unterschiedlichsten Facetten der Millionenstadt. Bei „Millennium Bridge“ nahmen die Musiker ihre Zuhörer mit auf einen Spaziergang über die futuristische Themse-Brücke bis zur stolzen St. Paul´s Cathedral. Dabei auch der atemberaubende Blick aus dem „London Eye“, dargeboten von entschleunigenden Tönen, die entspannten. Dann der laute und hektische Alltag in der Millionenmetropole – Hupen, immer schneller drehen sich die Räder, hektisch drängeln sich die Menschenmassen durch die überfüllten Straßen mit massigen Doppeldeckern – mit höchster Spielfreude brachte der Musikverein den Londonern Alltag in die Aula, unglaublich gespielt und mit nicht enden wollendem Applaus belohnt.
Nach der Pause hätte man eine Stecknadel fallen hören, die Aula im Dunkeln, und Uwe Werthebach holte mit seiner Mundharmonika „Winnetou“, den edlen Häuptling der Apachen und seinen Blutsbruder „Old Shatterhand“ auf ihren Pferden „Illtschi“ und „Hatatitla“ auf die Bühne, ehe das Hauptorchester einsetzte und die unvergessene „Winnetou“-Melodie erklang; das war ein echter Gänsehautmoment. Die Filmmusik von Martin Böttcher, war sicherlich mit ein Grund für die großen Erfolge der Verfilmungen. Nach dem melodischen Prolog, jagten die Musiker bei dem Titel „Unter Geiern“ den Banditen „Weller“, sorgten mit „Hill Billy Tilly“ für ausgelassene Stimmung im Saloon, ließen mit vielfältigen Klangfarben die Schönheit des Grand Canyon aufleben und brachten nach einer wilden Jagd die Banditen zur Strecke, ehe noch einmal im Finale zart und gefühlvoll die Mundharmonika erklang.
Lebensfreude pur bei dem Konzertmarsch „Euphoria“ von Martin Scharnagl und dann eine kleine Auswahl der wohl besten Lieder von Udo Jürgens. Bei zahlreichen Titeln wie „Ehrenwertes Haus“, „Siebzehn Jahr, blondes Haar“ oder auch „Aber bitte mit Sahne“ und „Mit 66 Jahren“ konnten viele Solisten ihr mitreißendes Talent ausleben und darbieten. Natürlich ließen die restlos begeisterten Besucher den Musikverein nicht ohne Zugabe von der Bühne und nach „Zum Städtele hinaus“ und „Roller coaster“ verabschiedeten sich Musiker und der Dirigent von einem beeindruckendem Konzertabend und genossen gemeinsam mit ihren Gästen noch einige Momente im Foyer.

 



HÖCHSTE KONZENTRATION WAR AM SAMSTAGABEND BEIM JAHRESKONZERT FÜR DIRIGENT MARC SIEWER UND SEINE MUSIKER PFLICHT. FOTOS: BAKA

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